1. „Baltic-Sea-Region Health Innovation Award“

Viele innovative Projekte: Sporizides Desinfektionsmittel, Pflaster zur Behandlung von Psoriasis, Deep-Learning-Algorithmen und KI machen das Rennen.

Auf der 6. Plenarsitzung des Kuratoriums Gesundheitswirtschaft des Landes verlieh die Ministerpräsidentin den Baltic Sea Region Health Innovation Award (BSR HIA) der Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft. Es ist ein insbesondere in den Ostseeraum ausgerichteter Preis für innovative Ideen von Unternehmen in der Gesundheitswirtschaft.

Der Award ist mit 5.000 € Euro (1. Preis), 3.000 Euro (2. Preis) und 1.000 Euro (3. Preis) dotiert. Dazu gibt es einen Sonderpreis. Die diesjährigen Stifter sind die Sparkasse Vorpommern, die Hansestadt Greifswald, die Corak Unternehmensberatung GmbH, die BioCon Valley® GmbH und die WITENO GmbH. Es gingen insgesamt 14 Projektbewerbungen, darunter vier aus Litauen, ein.


// Preisträger 1. Platz Nebula Biocides GmbH

Projekt: Hochwirksames sporizides Desinfektionsmittel zur Desinfektion von Händen und medizinischen Geräten

Stifter des Preises: Sparkasse Vorpommern

  • Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro
  • zusätzlich:
    • nicht-monetäre, individuell vereinbare Leistungen (z. B. Beratungs- oder Coaching-Dienstleistungen, kostenlose Labor- oder Büroräume in den Innovationszentren) in Höhe von 5.000 Euro (WITENO GmbH)
    • Travelvoucher für Teilnahme an der 17. Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft 3. und 4. Juni 2021 (BioCon Valley® GmbH)

Die Corona-Pandemie hat es verdeutlicht: Gegenwärtig gibt es kein Handdesinfektionsmittel, das gegen alle Krankheitserreger wirksam ist. Zwar können wenige Mittel alle Viren inaktivieren, aber keines ist wirksam gegen bakterielle Sporen, die heute eine Hauptursache für im Krankenhaus erworbene Infektionen sind. Darum entwickelte die Nebula Biocides GmbH ein revolutionäres Verfahren zur Desinfektion von Händen und medizinischen Geräten. Das Desinfektionsmittel der jüngsten Ausgründung aus dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e. V. Greifswald (INP) kann auf einfache Weise aus konzentrierten Lösungen hergestellt werden. Das im November 2019 von den Wissenschaftlern Dr. Ansgar Schmidt-Bleker, Dr. Jörn Winter und INP-Direktor Prof. Dr. Klaus-Dieter Weltmann gegründete Unternehmen ist derzeit dabei, das Verfahren in Reinigungs- und Desinfektionsgeräten einzuführen sowie – als Reaktion auf den Corona-Ausbruch – groß angelegte Händedesinfektionseinheiten zu bauen.

Mission des jungen Unternehmens ist es, die Gesundheit aller Menschen zu schützen. „Wir haben den festen Glauben, dass ein effektiver Schutz vor Infektionen jedem überall zur Verfügung stehen sollte“, erklären Schmidt-Bleker und Winter ihren Schritt in das Unternehmertum. Bereits seit 2016 arbeiten die einstigen Forscher und jetzigen Geschäftsführer an ihrem neuartigen Desinfektionsmittel. Es wird mittels einer einfach zu fertigenden Vorrichtung aus Luft, Wasser und Strom erzeugt – und wirkt gegen Bakterien und hartnäckige Viren. Insbesondere können damit aber Bakteriensporen abgetötet werden. „Das sind Bakterien, die sich zum Schutz vor Widrigkeiten aus der Umwelt in einer widerstandsfähigen Hülle verkapseln. Sie gehören zu den widerstandsfähigsten Lebensformen auf dem Planeten“, sagt Dr. Winter. So können einige Vertreter beispielsweise auf Oberflächen über mehrere Monate hinweg überleben und kochendem Wasser sowie alkoholischen Desinfektionsmitteln widerstehen. „Da keines der vom Robert Koch-Institut gelisteten Handdesinfektionsmittel gegen Bakteriensporen wirkt, kann es bei unzureichender Hygiene schnell zu einer gefährlichen Ausbruchssituation kommen“, ergänzt Dr. Schmidt-Bleker.

Ihr Desinfektionsmittel schließt diese Wirkungslücke. Die Gründer arbeiten daran, dass zukünftig mit einem einzigen Händedesinfektionsmittel alle Arten von Erregern abgetötet werden – das erste Vollspektrum-Desinfektionsmittel also.

Neben dieser starken Wirkung im gesamten Erregerspektrum ist ihr Desinfektionsmittel wasserbasiert, hautfreundlich und nicht brennbar. Die wirksamen Komponenten der erzeugten Desinfektionsflüssigkeit zerfallen nach wenigen Minuten in unbedenkliche Bestandteile und sind obendrein umweltfreundlich. Diese Eigenschaften machen das neue Desinfektionsmittel für Krankenhäuser und für die Hygiene an stark frequentierten Orten wie Bahnhöfen, Flughäfen oder Einkaufszentren interessant.

Mehr noch: Bereits mit der Pilotanlage können sich 18 Personen gleichzeitig die Hände desinfizieren. Diese ist modular aufgebaut und arbeitet bis auf Wasserzufuhr autark. Der Wirkstoff wird direkt im Gerät aus Konzentraten erzeugt. So können mit einer einzigen Konzentrat-Befüllung ca. eine Million Händedesinfektionen durchgeführt werden. „Im besten Fall kann eine Desinfektionsanlage über einen Zeitraum von einem Jahr wartungsfrei betrieben werden. Nur Wasser muss ab und zu nachgefüllt werden“, sagen Dr. Schmidt-Bleker und Dr. Winter. Die Entwicklung des Spendersystems wurde im Rahmen des Ideenwettbewerbs Gesundheitswirtschaft gefördert, der im Auftrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom Netzwerk der Gesundheitswirtschaft, der BioCon Valley® GmbH, organisiert wird.

Neben der Händedesinfektion kann das neuartige Mittel auch zur Desinfektion von Medizinprodukten eingesetzt werden. Das ist überall dort interessant, wo herkömmliche Desinfektionsverfahren nicht gegen widerstandsfähige Erreger ankommen.

Auf die Idee zu dem neuen Verfahren kamen die Gründer während ihrer Forschungsarbeiten zu Wechselwirkungen von biologischen Systemen mit physikalischem Plasma am Greifswalder INP. Hier zeigte sich, dass eine bestimmte Anordnung von Plasmaquellen zu einer vollständigen Abtötung von Mikroorganismen führt. In langjährigen Untersuchungen fanden die beiden Forscher den zugrundeliegenden Prozess heraus und optimierten ihn für klassische Desinfektionsanwendungen. Mittlerweile ist kein Plasma mehr notwendig, um selbst hartnäckige Erreger zuverlässig abzutöten.

Aktuell arbeiten Schmidt-Bleker und Winter an der Zulassung des neuen Wirkstoffs und hoffen, dass ein effektiver Schutz vor Infektionen bald tatsächlich jedem überall zur Verfügung steht.

Kurzfilm zum Projekt


// Preisträger 2. Platz: EmPlastrum

Projekt: Pflaster zur besseren Behandlung von Psoriasis

Stifter des Preises: Universitäts- und Hansestadt Greifswald

  • Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro
  • zusätzlich: nicht-monetäre, individuell vereinbare Leistungen (z. B. Beratungs- oder Coaching-Dienstleistungen, kostenlose Labor- oder Büroräume in den Innovationszentren) in Höhe von 3.000 Euro (WITENO GmbH)
  • Travelvoucher für Teilnahme an der 17. Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft 3. und 4. Juni 2021 (BioCon Valley® GmbH)

Psoriasis, auch Schuppenflechte genannt, ist eine Krankheit, die durch Wunden auf der Haut von Menschen entsteht. Typisch sind scharf begrenzte, gerötete und leicht erhabene Flecken, die mit silberweißen Schuppen bedeckt sind. Mehr als 125 Millionen Menschen weltweit leiden daran.

Das litauische Forscherteam „EmPlastrum“ hat eine neue Behandlungsmethode für Psoriasis entwickelt. Die Gründer haben dazu ein flexibles, verschieden großes mobiles Gerät (Pflaster) mit integrierten LED geschaffen. Letztere sind im Ultraviolettbereich, auch als „Schwarzlicht“ bekannt, aktiv. Dieses Pflaster können an Psoriasis Erkrankte auf ihre geschädigten Hautstellen aufsetzen. Damit werden unnötige UV-Strahlen vermieden. Das Beste: Die Patienten bleiben mobil und müssen nicht liegend oder stillsitzend die Behandlung durchstehen.

„Vor vier Jahren hatte ich die Gelegenheit, an Projekten zu Bauchspeicheldrüsenkrebszellen zu forschen. Ich sah viele neue Ideen und Methoden, wie die Medizin den Menschen helfen könnte, aber niemand wollte oder wusste nicht einmal, wie man sie in der realen Welt umsetzen und den Menschen helfen könnte“, erinnert sich Aurimas Mazuras, Gründer und strategischer Geschäftsführer von „EmPlastrum“, an seinen Impuls, ein Unternehmen zu schaffen. „Meine Leidenschaft ist die Innovation und ich möchte sie in das Leben der Menschen integrieren, um ihre Lebensqualität zu verbessern. Um dies zu erreichen, beschloss ich 2017, zu lernen, wie Unternehmen und das gesamte Ökosystem funktionieren und begann ein Wirtschafts- und Finanzstudium.“

Da viele seiner Freunde und Familienmitglieder an Psoriasis leiden, beschloss der 22-Jährige noch während seines Studiums mit einem Team aus Ingenieuren, Biowissenschaftlern und Dermatologen, eine Lösung für diese Krankheit zu schaffen. „EmPlastrum“ war geboren. Das Pflaster nutzt deshalb UVB-Strahlung, weil „das im Grunde genommen das effektivste Licht zur Behandlung von Psoriasis ist“, so Mazuras. Für ältere Menschen sei das „EmPlastrum“-System obendrein von großem Vorteil, „da wir die Behandlung aus medizinischen Einrichtungen zu ihnen nach Hause verlagern können.“ Gegenwärtig bereitet das Team einen Prototyp für klinische Studien vor. Ziel: In eineinhalb Jahren soll „EmPlastrum“ auf den Markt gebracht werden.


Kurzfilm zum Projekt


// Preisträger 3. Platz für Ligence

Projekt: Deep-Learning-Algorithmen für die Herzultraschall-Bilduntersuchung

Stifter des Preises: Corak Innovation Management eG

  • Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro
  • zusätzlich: 
    • nicht-monetäre, individuell vereinbare Leistungen (z. B. Beratungs- oder Coaching-Dienstleistungen, kostenlose Labor- oder Büroräume in den Innovationszentren) in Höhe von 1.000 Euro (WITENO GmbH)
    • Travelvoucher für Teilnahme an der 17. Nationalen Branchenkonferenz Gesund-heitswirtschaft 3. und 4. Juni 2021 (BioCon Valley® GmbH)

Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) sind zusammen mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems für 37 Prozent aller Todesfälle in der EU verantwortlich. Sie verursachen zudem EU-weit Kosten in Höhe von 210 Milliarden Euro pro Jahr. Für Untersuchungen zur Feststellung solcher Erkrankungen wird routinemäßig überall auf der Welt die Herz-Ultraschalluntersuchung, auch Echokardiographie genannt, durchgeführt. Trotz des hohen Bedarfs an Frühdiagnostik gibt es jedoch Faktoren, die zu einer suboptimalen Effizienz der Echokardiographie beitragen und somit zu einem eingeschränkten Zugang für Patienten mit durchschnittlichen Wartezeiten von fünf Wochen in den meisten EU-Ländern führen.

Zur Lösung dieses Problems hat das Unternehmen „Ligence“ „CardioEchoAI“ entwickelt. „Dabei handelt es sich um eine Software, die mittels Künstlicher Intelligenz in der Lage ist, aus Ultraschallbildern die anatomischen Merkmale des Herzens zu erkennen und seine Funktion zu beurteilen“, erklärt Dovydas Matuliauskas. Der 23-Jährige ist der Gründer des in der litauischen Hauptstadt Vilnius beheimateten Unternehmens. „CardioEchoAI“ empfängt hierfür Echokardiographie-Bilder und führt eine Abfolge von Schritten aus, die normalerweise von einem Kardiologen ausgeführt werden. Kunden der neuartigen Lösung sollen vor allem Krankenhäuser in Europa und Südostasien werden.

„CardioEchoAI kann sowohl als Entscheidungsunterstützungssystem im klinischen Alltag als auch bei der Zweitmeinung sowie bei einer Big-Data-Auswertung helfen“, sagt Matuliauskas. Die wichtigsten Vorteile seien die Reduzierung des Zeitaufwands für manuelle Messungen um bis zu 50 Prozent. „Daraus ergeben sich verkürzte Wartezeiten für eine Herzultraschalluntersuchung von über fünf auf unter drei Wochen“, so Matuliauskas. „So können mehr Patienten behandelt werden. Unsere Berechnungen haben ergeben, dass auf diese Weise die Einnahmen der Krankenhäuser um bis zu 38 Prozent gesteigert werden können.“

Kurzfilm zum Projekt


// Sonderpreis für mAIndcraft

Projekt: KI-gestützte therapeutische Software-Lösung für die Behandlung chronischer Schmerzen

Stifter des Preises: BioCon Valley® GmbH und WITENO GmbH

  • einmonatige, kostenfreie Nutzung des cowork Greifswald (WITENO GmbH)
  • Teilnahme an thematisch passender Networkingveranstaltung in Verbindung mit einem Besuch im Rathaus der Hanse- und Universitätsstadt Greifswald
  • Travelvoucher für Teilnahme an der 17. Nationalen Branchenkonferenz Gesundheits-wirtschaft 3. und 4. Juni 2021 (BioCon Valley® GmbH)

mAIndcraft zielt darauf ab, das Leben der Patienten und die Qualität der Schmerzbehandlung zu verändern. Aufbauend auf der Kombination von Telemedizin mit fortschrittlicher Technologie ermöglicht mAindcraft personalisierte Schmerztherapie überall und jederzeit. Das wird den Bedürfnissen der Patienten gerecht. Die Lösung nutzt nahtlose Analysen über ein kontinuierliches Gesundheitsmonitoring, um Schmerztherapeuten dabei zu unterstützen, personalisierte Interventionen für jeden Patienten in jeder spezifischen Situation maßzuschneidern. Gleichzeitig hilft es in Echtzeit den Patienten auf der Grundlage von Erkenntnissen über individuelle Schmerzfaktoren und Therapiefortschritte bei der Vorhersage und Anwendung der am besten geeigneten Bewältigungsstrategie zur Vermeidung von Schmerzepisoden.

Kurzfilm zum Projekt