Brexit-Deal: Die zentralen Punkte für die Gesundheitswirtschaft

BIO Deutschland, der Branchenverband der deutschen Biotechnologie-Industrie, hat das Abkommen hinsichtlich der Auswirkungen auf einen Teil der Gesundheitswirtschaft analysiert.

BIO Deutschland, der Branchenverband der deutschen Biotechnologie-Industrie, hat das Abkommen hinsichtlich der Auswirkungen auf einen Teil der Gesundheitswirtschaft analysiert:

Nach vier Jahren der Unsicherheit und zahlreichen Meldungen in den vergangenen Monaten zu einem drohenden No-Deal-Brexit haben die beiden Brexit-Verhandlungsparteien der EU und des Vereinigten Königreichs ihren Bürgern und vor allem der Wirtschaft pünktlich zum 24. Dezember ein Weihnachtsgeschenk bereitet: einen Deal. Zwar steht die Ratifikation durch die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament noch aus, es ist aber zu erwarten, dass der Handel unter den vereinbarten Bedingungen fortgesetzt werden kann, während der Gesetzgebungsprozess abgeschlossen wird. Betroffene Unternehmen können somit aufatmen.

Konkret:

  • Waren, die ab dem 1. Januar 2021 aus einem EU-Mitgliedsstaat nach Großbritannien transportiert werden und umgekehrt, unterliegen Zollformalitäten. Im Rahmen eines Freihandelsabkommens werden die Zolltarife für Waren mit Ursprung in Großbritannien und der EU auf 0 % gesenkt.
  • Die Ursprungsregeln werden für den zollfreien Warenverkehr entscheidend sein, weshalb der Ursprungsstatus von Waren eines der zentralen Themen im Jahr 2021 sein wird. Im Gegensatz zu einer Zollunion ist ein Freihandelsabkommen ein bilaterales Abkommen, das nur den zollfreien Verkehr von Waren erlaubt, die entweder im Vereinigten Königreich oder in der EU hergestellt wurden. Es gibt Regeln, die sich auf den Status beziehen, der durch den prozentualen Anteil des UK- oder EU-Anteils bestimmt wird. Waren, die in Großbritannien/EU hergestellt werden, müssen die im Freihandelsabkommen festgelegten Ursprungsregeln erfüllen.
  • Exporteure, die die Ursprungsregeln erfüllen, müssen ein Präferenzzertifikat erhalten, um sicherzustellen, dass die Zollbefreiung gilt.
  • Die Kombination von aktiver Veredelung und präferenzieller Ursprungsbehandlung ist nicht erlaubt.
  • Der AEO („Authorized Economic Operator“) (S)-Status wird von der EU und Großbritannien gegenseitig anerkannt.
  • Import- und Exportverfahren bleiben bestehen. Unternehmen, die bisher nur innerhalb der EU handelten, müssen daher im Handel mit dem Vereinigten Königreich mit komplexeren Prozessen und mehr Bürokratie rechnen.
  • Aufgeschobene Umsatzsteuerabrechnung bei Importen: Die Einfuhrumsatzsteuer muss gemäß PVA-Methode („Postponed VAT Accounting“) nicht an der Grenze gezahlt werden.
  • Antidumpingmaßnahmen für Zölle (ADD), die von der EU eingeleitet wurden, werden von einer neu geschaffenen britischen Abteilung („Trade Remedies Investigations Directorate“ (TRID)) überprüft, um festzustellen, ob ADD ab 2021 noch erforderlich sind.
  • Als Teil des Austrittsabkommens können Waren, die sich derzeit in der EU befinden, unter bestimmten Umständen ohne Zahlung von Zöllen reimportiert werden. Für diese Bewegungen muss die Rückwarenerleichterung genutzt werden.
  • Die Anforderungen an die Umsatzsteuerregistrierung im Importland, wenn Unternehmen DDP („geliefert verzollt“) verkaufen, bleiben bestehen.
  • Beim Handel in der EU müssen britische Unternehmen einen indirekten Zollvertreter bestellen. Dies liegt daran, dass das Vereinigte Königreich ein Nicht-EU-Land ist.
  • Umsatzsteuerregistrierungen für britische Unternehmen in der EU erfordern, dass in den meisten EU-Ländern ein Fiskalvertreter ernannt wird.
  • Die Regeln für den elektronischen Handel treten gleichzeitig mit dem Brexit in Kraft. Die Erleichterung für Sendungen mit geringem Wert wird abgeschafft und alle E-Commerce-Verkäufer oder Online-Plattformen, die zuvor unter diesen Regeln importiert haben, müssen sich für die Umsatzsteuer registrieren und zum Zeitpunkt der Lieferung die britische Mehrwertsteuer abrechnen. Dies gilt, wenn die Lieferung einen Wert von 135 britischen Pfund (ca. 150 Euro) oder weniger hat.
  • Die Regeln in Bezug auf Nordirland bleiben komplex und es ist unklar, ob Warenbewegungen von Großbritannien nach Nordirland weiterhin über den Trader Support Service ("TSS") deklariert werden müssen.

Für weitere Informationen steht Ihnen zur Verfügung:
https://www.biodeutschland.org/de/rechtsberatung.html


Der Bundesverband Medizintechnologie, BV-Med, weist darauf hin, dass auch nach der Einigung zahlreiche offene Fragen gibt – beispielsweise zu den regulatorischen und rechtlichen Änderungen für Medizinprodukte. Nach welchen Regeln und bis wann muss die neue UKCA-Kennzeichnung angewendet werden? Was ist neu in Bezug auf britische Benannte Stellen? Welche Aufgaben hat die „verantwortliche Person“ in Großbritannien? Und welche Änderungen sind bei der Registrierung von Medizinprodukten in Großbritannien zu erwarten?

Der Verband empfiehlt daher ein Gegenseitiges Anerkennungs-Abkommen (MRA) für Medizinprodukte zwischen der EU und Großbritannien ein, um bürokratische Hemmnisse abzubauen. „Für Medizinprodukte-Unternehmen ist es wichtig, dass es bis Juni 2023 eine Übergangsfrist für CE-gekennzeichnete Produkte nach MDD/AIMDD und MDR gibt“, sagt BV-Med-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. Ab dann soll in Großbritannien nur noch die neue UKCA-Kennzeichnung gelten. Der BV-Med sieht gute Chancen zur Verhandlung eines MRAs speziell für Medizinprodukte, weil man in diesem Bereiche bereits mit den Anforderungen an die CE-Kennzeichnung einen gemeinsamen Startpunkt hat und anders als mit anderen Zulassungssystemen keine Kompromisse verhandeln muss. „Denn es ist für beide Seiten wichtig, doppelte und aufwändige Konformitätsbewertungsverfahren zu verhindern zumal die Ressourcen bei den wenigen Benannten Stellen in Großbritannien begrenzt sind“, so Möll.

Information hierzu bietet der BV-Med unter www.bvmed.de/brexit-2021.